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Was bedeutet Cringe: Bedeutung, Definition & Herkunft | Jugendwort


cringe

Cringe ist das Jugendwort des Jahres 2021. Es gibt peinliche Momente, von denen jeder ein Lied singen kann. Das Herumlaufen mit offenem Hosenstall gehört dazu. Ein weiterer Klassiker: Jemand möchte eine angehimmelte Person nach einem Date fragen, gerät dabei aber völlig ins Stottern.

Solche Situationen sind cringe. Der betroffene Mensch hingegen ist ein Cringe.

Doch was genau bedeuten beide Ausdrücke überhaupt, wo kommen sie her – und wie haben sie es geschafft, zum Jugendwort des Jahres 2021 gekürt zu werden?

Woher kommt der Begriff Cringe

Manche modernen Wörter sind fest im Alltag etabliert – und haben heute doch kaum mehr etwas mit ihrer eigentlichen Bedeutung gemein. Cringe gehört hierzu.

Denn es stammt aus dem englischen Sprachgebrauch, seine Verwendung ist dort bis in das 16. Jahrhundert hinein dokumentiert. Eingesetzt wurde Cringe ursprünglich in jenen Fällen, in denen jemand erschauderte, zusammenzuckte, eine Gänsehaut bekam oder es ihm mulmig wurde.

Gemeint ist also ein Moment, der dem Betroffenen nicht ganz geheuer war und der ihn verwirrte oder sogar gruselte.

Allerdings: Hierbei ging es eher um einen leicht unangenehmen Schauder, der nichts mit reiner Angst oder mit schierer Panik zu tun hatte.

Die heutige Bedeutung von Cringe

Gegenwärtig wird das Wort völlig anders gebraucht. So kommt es in Situationen zum Einsatz, in denen ein Moment des Fremdschämens entsteht.

Sind zwei Personen unterwegs, wobei der einen ein Missgeschick passiert, so kann das für die andere durchaus blamabel sein.

Eine Aussage wie:

“Du hast die Glasflasche fallen lassen, Cringe”

könnte also auf die peinliche Berührtheit des Sprechenden hindeuten.

Allerdings muss es sich tatsächlich um einen Fall handeln, der eher unangenehme Gefühle auslöst – und der somit kein Mitleid oder Trost erfordert.

Menschen, die einen Fehler nicht einsehen wollen oder solche, die trotz guter Gegenargumente auf ihrer Sichtweise beharren, werden ebenso als Cringe bezeichnet.

Cringe in der Abwandlung

Der Begriff Cringe kommt neben den Momenten des Fremdschämens noch in einer zweiten Situation zum Gebrauch. Nämlich immer dann, wenn eine Person in ihrem Auftreten oder in ihren Aussagen wenig vertrauenswürdig ist.

Fehlende Authentizität, leicht durchschaubare Lügen, anzuzweifelnde Inhalte und ähnliche Verhaltensweisen, die Skepsis an der Ehrlichkeit auslösen, sind Cringe.

Das kann also schon einmal der Politiker sein, der den Schülern eine sorgenfreie Zukunft in Aussicht stellt, indem er von sicheren Renten spricht. Oder der Lehrer, der betont, wie leicht zu bewältigen die anstehende Klassenarbeit sein wird.

Als Gemeinsamkeit besitzen beide Bedeutungen des Wortes sicherlich den Aspekt, dass es dem Betroffenen in dem konkreten Moment an Respekt, Achtung und Wertschätzung für seinen Gegenüber mangelt.

Der Gemeinte weiß nichts von seinem Unglück

Gleich ist beiden Wesensgehalten des Wortes auch, dass jene Person, die sich peinlich oder wenig authentisch verhält, das selbst nicht immer merkt.

Zu denken ist etwa an ältere Menschen, die sich Jugendlichen gegenüber betont vital verhalten wollen. Oder an den Vater, der seinen Sohn vom Rande des Fußballplatzes während des Spiels lautstark anfeuert. Ebenso aber an Erwachsene, die den Begriff Cringe verwenden, ohne seine Bedeutung zu kennen – und die natürlich stets bei der Aussprache scheitern.

All diese Personen und Momente sind Cringe.

Das Wort ist übrigens mehr Substantiv als Adjektiv, ist aber in beiden Varianten gebräuchlich. In leicht veränderter Form kann zudem von Situationen gesprochen werden, die “cringy” oder “cringeworthy” sind.

Die Aussprache des Begriffs Cringe

Als englischer Begriff wird Cringe allgemein “krindsch” ausgesprochen.

Allerdings kommt es dabei regional zu leichten Abwandlungen, in denen durchaus ein “Grinch” zu hören sein kann.

Hier müsste genau aufgepasst werden, um aus dem Dialekt und dem Kontext zu schließen, welches Wort gemeint ist. Denn auch der Grinch ist in der Jugendsprache etabliert. Bei ihm handelt es sich um ältere und etwas unfreundliche Menschen, die für die Belange der jüngeren Generationen kein Interesse mehr zeigen.

Ein Mann, der Teenagern das Skateboardfahren auf dem Bürgersteig verbieten möchte, kann daher sowohl Cringe als auch Grinch sein. Ach ja, wer Cringe als “kringe” statt “krindsch” ausspricht, ist selbst Cringe.

Eingang in die Subkulturen Amerikas

Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich die Frage, wie aus einem Begriff, den die englische Gesellschaft seit dem Mittelalter verwendet, ein modernes Jugendwort werden konnte.

Erstmals tauchte das Adjektiv “cringeworthy” im Jahre 1977 in einem US-amerikanischen Wörterbuch auf. Anlass dafür war, dass sich „Cringe/cringe“ und “cringeworthy” innerhalb der Subkulturen der Vereinigten Staaten verbreitet hatten.

Mit ihnen sollte Ablehnung bis hin zu offener Feindschaft gegenüber Erwachsenen und Amtsträgern, ebenso aber eine Abkehr von überkommenen Traditionen und Moralvorstellungen ausgedrückt werden. Bereits hier ist ein Wandel innerhalb der Bedeutung ersichtlich: Personen, vor denen jüngere Menschen erschaudern, werden zugleich als peinlich und unangenehm bezeichnet.

Verwendung des Wortes Cringe in der Jugendsprache

Allerdings dauerte es bis zum Jahr 1990, ehe Cringe vermehrt verwendet wurde.

Hierbei kommen die immer stärker anwachsenden Medienprogramme sowie die sich ausbreitende Telekommunikation ins Spiel.

Die Gesellschaft wurde von einem Überangebot an Fernsehsendungen erdrückt, erhielt zugleich aber die Möglichkeit, sich unmittelbar darüber auszutauschen. Die schlechte Performance eines Darstellers in einer Serie war nun eben nicht mehr “schlecht”, sondern sie war cringe.

Der Begriff tauchte darüber hinaus in TV-Klassikern wie den Simpsons sowie bei Beavis und Butt-Head auf, wodurch eine junge Zielgruppe mit ihm in Kontakt kam – und ihn fortan immer häufiger für sich gebrauchte. Die heutige millionenfache Nutzung in den sozialen Medien entspricht dieser Entwicklung.

Lost als Steigerung

Alle vorgenannten Beispiele beziehen sich auf Personen und Momente, in denen ein Anlass zum Fremdschämen vorliegt.

Der eingangs erwähnte offene Hosenstall etwa. Oder das Stottern, wenn jemand nach einem Date gefragt wird. Genau genommen handelt es sich um Situationen, in denen sich jemand nur peinlich verhält und er somit unter seinen eigenen Möglichkeiten bleibt.

Davon zu unterscheiden sind jene Fälle, in denen ein Mitmensch tatsächlich verwirrt, ahnungslos oder sogar böswillig agiert.

Hier wäre die Bezeichnung Cringe nicht mehr passend – vielmehr wäre der Betroffene Lost, er gilt in den Augen seiner Gegenüber folglich als “verloren” und daher als Gesprächspartner, mit dem eine Fortsetzung der Diskussion keinen Sinn ergibt.