Was bedeutet cray: Bedeutung, Definition & Herkunft | Jugendsprache
Im Slang und in der Jugendsprache werden zuweilen Begriffe verwendet, die neu und modern klingen – und die doch seit Jahrhunderten bekannt sind. Ein Umstand, der alleine schon interessant ist. Und der dadurch an Spannung gewinnt, dass sich manches Wort über Umwege im Laufe der Zeit zu seiner heutigen Form verändert hat.
Ein gutes Beispiel dafür ist cray, das sich gegenwärtig vor allem unter Jugendlichen hören lässt und das in geschriebener Form in den sozialen Medien und Chatgruppen häufig eingesetzt wird.
Inhalt
Was bedeutet cray: Definition und Bedeutung
Cray ist die Kurzform des im englischen Sprachgebrauch verwendeten Wortes crazy, das sich etwa als “verrückt”, “irre”, “sonderbar” oder “wahnsinnig” übersetzen lässt. In diesem Sinne kann auch cray gedeutet werden.
Worin der Sinn liegt, zwischen Ursprungsform und Abwandlung genau einen Buchstaben wegzulassen, darüber darf spekuliert werden. Dennoch lässt sich die gekürzte Variante etwas schneller schreiben und leichter aussprechen, zudem klingt sie moderner.
Gerade im Slang und in der Jugendsprache ist dieses Phänomen weit unter den Anwendern verbreitet. Die benutzten Wörter sollen leicht über die Lippen gehen und sie sollen in knapper Ausprägung möglichst viel Inhalt transportieren.
Cray ist in seiner jetzigen Konnotation seit den 2010er Jahren bekannt und wird vorwiegend unter Teenagern eingesetzt.
Verwendung im Alltag
Cray kann alles sein, was sich ein wenig vom Standard abhebt oder was im ersten Moment mit logischem Verstand nicht zu erklären ist. Der Begriff bezieht sich auf Menschen, Objekte und Situationen, ebenso auf Gefühlszustände und Gedanken.
Eventuell hat ein Fußballspieler ein tolles Tor erzielt, das als cray bezeichnet wird. Dass sein Verein die Party gewonnen hat, war nicht zu erwarten – und ist ebenfalls cray. Vielleicht ist die nette Mitschülerin cray, weil sie dem Betrachter den Kopf verdreht. Und wenn die Lehrerin den Schülern über das Wochenende viele Hausaufgaben aufgibt, ist das auch cray.
Das Wort kann somit eine positive und eine negative Wertung ausdrücken, ohne dass mit ihm echte Freude oder realer Ärger verbunden ist. Welche Meinung es genau transportieren soll, lässt sich im Regelfall nur aus dem Kontext erkennen.
Woher kommt der Begriff cray: Ursprung
In seiner Ursprungsform crazy ist das Wort seit dem späten 16. Jahrhundert bekannt. Damals bezog es sich im englischen Sprachraum auf mentale Leiden. Wer als crazy bezeichnet wurde, dem wohnte tatsächlich ein gewisses Maß an Wahnsinn und irrationalen Gedanken inne.
Erst im ausgehenden 19. Jahrhundert erhielt crazy seine zweite Bedeutung: Es wurde für alles eingesetzt, was jemanden um den Verstand bringen konnte. Erstmalig verwendet wurde es im Ausspruch “crazy like a Fox” – also verrückt wie ein Fuchs sein, womit das oft verspielte Wesen des Tieres gemeint war, hinter dem ein kluger Kopf stand. Hunde und Pferde konnten ebenso crazy sein, wenn sie mit ihrem Verhalten mal wieder klar zu erkennen gaben, dass sie ihrem Besitzer nicht gehorchen wollten.
Woher kommt der Begriff crazy: Ursprünge reichen weiter zurück
Es lohnt sich übrigens, auch dem Begriff crazy ein wenig auf die Spuren zu gehen. Denn das Wort hat sich in seiner Grundform craze bereits im 14. Jahrhundert im heutigen Mitteleuropa verbreitet, ehe es etwas später nach England gelangte.
Sowohl das französische “crasir” als auch das deutsche “crasen” oder “craisen” sind daran angelehnt und lassen sich mit “zerdrücken”, “zerstören” oder “zerquetschen” übersetzen.
Eigentlich kommt der Begriff jedoch aus dem nordischen Sprachraum, wo “krasa” das “zerbrechen” oder “zersplittern” meinte. Die Wandlung zu crazy, das in seiner eigentlichen Form von einer kaputten Seele sprach, ist somit gut nachvollziehbar. Das Beispiel zeigt zudem, wie sich Sprache allgemein im Verlauf von Jahrhunderten verbreitet und entwickelt hat.
Von einer kleinen Gruppe an ersten Nutzern kann sich ein Wort durchaus über den gesamten Globus verteilen und in weit entfernten Ländern etabliert sein.
Ein alternativer Versuch der Erklärung
Unabhängig der Wortherkunft war es der US-amerikanische Rapper Jay-Z, der dem Begriff cray zur Popularität verhalf. In seinem Song “Ni**as in Paris” aus dem Jahre 2012 taucht die mehrfach wiederholte Zeile
“That shit cray”
auf. Vielfach wurde seinerzeit angenommen, cray sei auch hier als Abwandlung von crazy gemeint.
Aus dem Umfeld des Musikers war aber zu hören, dass er den Text auf das Brüderpaar Reginald und Ronald Kray bezogen hat – zwei Mafiosi, die im Amerika der 1960er Jahren berüchtigt waren. Jay-Z umschreibt demnach in seinem Lied also zwei Menschen, die es aufgrund ihrer gebrochenen Seele zu Ruhm und Reichtum gebracht haben und die ein lebenswertes Leben führten. Die mentale Beeinträchtigung wird dabei folglich nicht als Schwäche, sondern als Chance verstanden.
Verbreitung in den modernen Medien
Tatsächlich schien der Song von Jay-Z dem zwar bekannten, aber doch etwas stiefmütterlich behandelten Begriff auf die Sprünge geholfen zu haben. Cray – in seiner Kurzform von crazy – wurde anschließend in unterschiedlichen Liedern, Büchern, Gedichten und Videospielen verwendet. Und das sogar so oft, dass hier kaum mehr von einem Slang gesprochen werden kann, der nur unter einem kleinen Kreis an Menschen gebräuchlich ist.
Cray hat sich vor allem unter Teenagern und jungen Erwachsenen in den letzten fünf bis zehn Jahren im US-amerikanischen Sprachraum etabliert und ist dort häufiger als in Europa zu hören. Natürlich hin und wieder auch mit der von Jay-Z verliehenen Bedeutung: Welcher Heranwachsende möchte nicht so bekannt sein wie eines der populärsten Verbrecher-Duos des Landes?
Es existiert sogar eine Steigerungsform
Übrigens wird nicht nur der Begriff cray genutzt. Auch cray-cray – in anderer Schreibweise cray cray oder craycray – ist durchaus verbreitet. Bei dieser Steigerung wird über etwas geredet, das mehr als nur irre und wahnsinnig ist.
Cray-cray ist der Moment, an dem sich die nette Mitschülerin zu einem Date überreden lässt. Cray-cray ist das Tor im Fußballspiel, das nicht nur schön anzusehen ist – sondern das viele Millionen Zuschauer vor den Fernsehgeräten erstaunen lässt. Cray-cray ist es, wenn die Lehrerin den Schülern vor dem langen Wochenende mal keine Hausaufgaben aufgibt und zwei gänzlich freie Tage vor ihnen liegen.
Das Gute und Tolle wird hier also noch einmal ausgebaut und zu etwas ganz Besonderem – oder sogar zu etwas Einzigartigem – stilisiert.