Was bedeutet woke (wokeness): Bedeutung, Definition & Herkunft | Jugendsprache
Kann es falsch sein, sich für etwas Gutes und Notwendiges einzusetzen? Das Wort woke zeigt, dass sich damit zumindest die Gemüter vieler Menschen erregen lassen. Denn nicht immer wird das, was etwas Positives anstrebt, auch richtig umgesetzt. So kann es natürlich sinnvoll sein, sich gegen Ungerechtigkeiten zu positionieren. Falsch wäre es hingegen, das in einer unsachlichen Art, in einem zu geringen Problembewusstsein und in einer allzu stark aufgeladenen Hysterie zu tun. Und genau das sind die Kritikpunkte, die der heutigen Wokeness vorgehalten werden.
Inhalt
Was bedeutet woke: Definition und Bedeutung
Es gibt wohl nur wenige Begriffe, die derart polarisieren wie das als Adjektiv verwendete woke. Mit ihm werden Menschen beschrieben, die sich gegen Ungerechtigkeit und Ungleichheit einsetzen.
Das damit verbundene Substantiv der Wokeness kann in direkter Übersetzung als Wachsamkeit interpretiert werden – und das beschreibt das Ziel sehr gut. Die Sinne sollen geschärft werden für jedes Maß an Unterdrückung und Ausgrenzung.
Begriffe wie #woke und #staywoke haben sich in den sozialen Medien längst zu mächtigen Hashtags entwickelt, deren Inhalte nicht selten von mehreren Millionen Menschen betrachtet werden. Allerdings zeigen die Erfahrungen auch, dass sich unter den damit markierten Videos, Bildern und Texten häufig emotional aufgeladene Debatten entfachen.
Der Kampf gegen das Negative
Als woke sehen sich Personen zumeist dann an, wenn sie gegen Ausländerfeindlichkeit, die Diskriminierung von farbigen Mitmenschen, den Sexismus gegen Frauen, die Gehaltsunterschiede bei Arbeitern oder sonstige soziale Ungleichheiten vorgehen. Zuweilen begeben sie sich dafür auf Straßen und öffentliche Plätze, wo sie auf die von ihnen angeprangerten Ungerechtigkeiten hinweisen möchten.
Demgegenüber hat sich in den letzten Jahren dank des technischen und digitalen Fortschritts der Kampf aber vermehrt in das Internet verlagert: Heute sind es die Postings in den sozialen Medien, die von jedermann verfasst und ebenso von jedermann gelesen werden können, mit denen das Aufzeigen von Problemen sowie das Nennen möglicher Lösungen gelingt.
Woher kommt der Begriff woke: Ursprung
Das Wort woke ist aus dem englischen Sprachgebrauch übernommen worden. Es handelt sich dabei um die Vergangenheitsform des Verbs “to wake up”, das sich als Aufwachen oder Aufstehen übersetzen lässt.
Der Begriff wird in seiner modernen Bedeutung somit als Sinnbild eingesetzt: Es geht darum, sich wieder vermehrt mit offenkundigen Missständen in der Gesellschaft zu befassen. So gilt es, einerseits die Augen für die bestehenden Probleme zu öffnen – und andererseits tatkräftig dagegen vorzugehen.
Welches Verhalten konkret aber die Menschen woke werden lässt, ist nicht abschließend geklärt. Ohnehin wird das Wort in den sozialen Netzwerken und mittlerweile auch in den seriösen Medien in leicht abweichender Form verwendet.
Erster Gebrauch des Begriffs
Sieht man einmal davon ab, dass die Vergangenheitsform des eigentlichen Verbs bereits seit dem Mittelalter im englischen Sprachraum eingesetzt wird, so ist der Begriff woke in seiner gegenwärtigen Konnotation auf die 1930er Jahre zurückzuführen.
Zunächst waren es die afro-amerikanischen Bürger in den Vereinigten Staaten von Amerika, die in jener Zeit für ihre Rechte auf die Straße gingen und dabei zumindest ein Bewusstsein innerhalb der Gesellschaft dafür schaffen wollten, dass sie in vielen Bereichen des alltäglichen Lebens mit Ausgrenzung und Diskriminierung konfrontiert werden.
Tatsächlich wird darin ein Vorläufer der Studentenunruhen der 1960er und 1970er Jahre gesehen, die auf dem mittelamerikanischen Kontinent letztlich zu Verbesserungen für People of Color führten.
Internationaler Durchbruch im Jahre 2014
Während die ersten Aufstände in den 1930er Jahren nicht jedermann bekannt sind, sieht das bei der Bewegung des Black Lives Matter deutlich anders aus. In der Zeit nach der Jahrtausendwende kam es in den USA wieder vermehrt zu Übergriffen der Polizei und der Bürger gegenüber afro-amerikanischen Mitmenschen, die sich nicht selten schwersten körperlichen und mentalen Misshandlungen ausgesetzt sahen.
Eine Entwicklung, die sich unter der Präsidentschaft von Donald Trump von 2017 bis 2021 noch einmal verschärfte. Dagegen gingen die US-Amerikaner zu Hunderttausenden auf die Straßen und verwendeten dabei den Begriff woke für sich und ihr Anliegen. Dank der medialen Verbreitung wurde er beinahe über Nacht einem weltweiten Publikum bekannt.
Erste Kritik ab dem Jahr 1962
Sicherlich stellt sich die Frage, wie ein Begriff, der doch etwas Gutes anstrebt, zunehmend polarisieren oder sogar eine negative Bedeutung erhalten kann. Zunächst war es der amerikanische Schriftsteller William Melvin Kelley, der die Verwendung des Wortes anprangerte.
In einem von ihm im Jahre 1962 veröffentlichten Zeitungsartikel ging er darauf ein, dass der mittlerweile zur farbigen Kultur gehörende Slang woke zunehmend von der weißen Subkultur der Beatniks übernommen wurde. Bei der letztgenannten Personengruppe handelte es sich um eine Bewegung der 1960er und 1970er Jahre in den Vereinigten Staaten, die sich neben ihrer Kreativität und Spontaneität vor allem durch ihr Leben abseits der gültigen Verhaltensnormen auszeichnete.
Die Aneignung fremder Probleme
Die Kritik an der gegenwärtigen Kultur der Wokeness basiert auf dem Artikel von Kelley und stellt eine Fortführung seiner Gedanken dar: Heute wird das woke Handeln vor allem deshalb kritisiert, da die Protestler zu wenig von den vermeintlichen Ungerechtigkeiten wissen, gegen die sie öffentlich vorgehen. Gekämpft wird um des Kampfes willen.
Jenen, die auf einen Missstand aufmerksam machen wollen, wird zudem vorgehalten, zu empfindlich und naiv zu sein, sich den Realitäten des Lebens nicht stellen zu wollen und vielleicht sogar einen unzureichenden Blick auf die Menschheit zu besitzen. Die oft zur Schau gestellte politische Korrektheit würde zumeist auch nur dort eingesetzt, wo es den eigenen Zwecken dient – und nicht, wo es tatsächlich notwendig wäre.
Zuweilen fehlt es an sachlichen Darstellungen
Zu den größten Kritikern gehört übrigens der ehemalige US-Präsident Barack Obama, der in einem Interview im Jahre 2019 das Schwarz-Weiß-Denken in den Köpfen einiger zur Wokeness gehörender Menschen aufgriff.
So bemängelte er die Vielzahl der Probleme, gegen die demonstriert wird – und die zu geringe Menge an potenziellen Lösungen, die ihnen gegenüberstehe. Es fände zu wenig Tiefgang beim Betrachten der Missstände statt und es würde vielen Betroffenen nicht mehr gelingen, sich mit den einzelnen Ungleichheiten überhaupt noch im Detail zu befassen.
Im Ergebnis entsteht somit oft ein Kampf, der zwar das Gute anstrebt, der aber mit falschen Mitteln, einer fehlgeleiteten Fokussierung und einer zu starken Hysterie ausgeführt wird.