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Teyze leicht erklärt: Bedeutung, Definition & Herkunft | Jugendsprache


teyze

Sprache ist nicht immer leicht zu durchschauen. Vor allem dann nicht, wenn sie Worte nutzt, die aus fremden Kulturkreisen stammen und die selbst dort vielleicht schon in unterschiedlicher Weise gebraucht werden.

Ein gutes Beispiel dafür ist der Ausdruck Teyze, der zuweilen ein wenig Verwirrung stiftet. Doch warum ist diese türkische Bezeichnung im modernen deutschen Sprachgebrauch eigentlich so beliebt, was genau bedeutet sie und wie kann sie am besten eingesetzt werden?

Was bedeutet Teyze: Definition und Bedeutung

Immer wieder fällt der Ausdruck Teyze: Mädchen und Jungen bezeichnen ihre Kindergärtnerin, Jugendliche zuweilen ihre Lehrerin auf diese Weise.

Am häufigsten wird das Wort aber im familiären Kreis verwendet – denn der aus dem türkischen Sprachgebrauch stammende Begriff lässt sich am ehesten mit ”Tante” übersetzen.

Im Kulturkreis der Türkei ist der Begriff seit mehreren Jahrhunderten bekannt, bereits in der alttürkischen Sprache wurde er genutzt. Heute sind es in Deutschland vorwiegend die jungen Personen, die diese Form der Anrede im Gespräch oder in der Kommunikation des Internets gebrauchen.

Teyze wird dabei eher allgemeingültig eingesetzt – es ist somit nicht erforderlich, dass sich die Angesprochene in einem Verwandtschaftsverhältnis zum Sprecher befindet oder dass sie tatsächlich seine Tante ist. Auch gänzlich fremde Frauen können somit als Teyze bezeichnet werden.

Mal Teyze, mal Hala

Im Unterschied zur deutschen Sprache differenziert das Türkische beim Begriff Tante sehr genau.

Es geht dabei direkt auf den Umstand ein, dass es sich bei der Tante entweder um die Schwester der Mutter oder um die Schwester des Vaters handeln kann. Im letztgenannten Fall ist der Begriff Hala gebräuchlich.

Teyze wird hingegen nur die Tante mütterlicherseits genannt. Aus deutscher Sicht mag es zunächst verwirrend klingen, das verwandtschaftliche Verhältnis noch einmal derart zu untergliedern. In einem weitgehend patriarchalisch – und somit durch die Männer – geprägten Kulturkreis kann dieses Vorgehen aber einen Sinn ergeben. So wird der väterliche Familienzweig häufig als der dominantere angesehen, der persönliche Bezug zur Hala ist damit häufig stärker ausgeprägt als jener zur Teyze.

Eine respektvolle Ansprache

In der heute benutzten umgangssprachlichen Bedeutung des Wortes fällt auf, dass es fast ausnahmslos junge Menschen sind, die es einsetzen – und die damit beinahe ebenso ausnahmslos Frauen ansprechen, die im Alter deutlich über den Nutzern stehen. Es sind somit nie gleichaltrige Freundinnen, die sich so bezeichnen.

Ebenso wird die Anrede nicht von Personen verwendet, die sich auf unterschiedlichen Stufen einer Hierarchie befinden. Die Angestellte würde also nicht die Chefin und die Studentin nicht die Professorin als Teyze bezeichnen.

Das ist gewiss kein Zufall. Denn dem Begriff Teyze haftet zwar einerseits stets etwas Wohlwollendes, Anerkennendes, Achtbares und Respektvolles an. Andererseits soll er aber eine enge Verbindung und ein festes Vertrauensverhältnis vom Sprecher zur angesprochenen Frau symbolisieren.

Wer jemanden als Teyze bezeichnet, meint es gut mit der Dame.

Im gleichen Alter wie meine Tante

Dennoch stellen sich einige Fragen. Etwa, warum zuweilen fremde Frauen mit einem Wort angesprochen werden, das doch eigentlich ein verwandtschaftliches Verhältnis symbolisieren soll. Oder warum dafür der Begriff Teyze statt des Ausdrucks Hala gebraucht wird.

Grundsätzlich geht diese umgangssprachliche Verwendung darauf zurück, dass als Teyze nicht nur die biologische Tante mütterlicherseits bezeichnet wurde – sondern dass es sich dabei ebenso um Frauen handeln konnte, die zwar nicht die Schwester der Mutter sind, die dieser im Alter, im Verhalten und eventuell sogar im Aussehen aber ähneln.

Eine Teyze ist somit zumeist eine Dame, die die Schwester der eigenen Mama sein könnte. Der Teyze kommt also immer der gutmütige, treue und liebevolle Charakter zu, der eher mit dem mütterlichen Familienzweig assoziiert wird.

Geprägt durch Mustafa Sandal

Wie der Ausdruck sinnvoll interpretiert werden kann, zeigt der im Jahre 1998 durch den türkischen Sänger Mustafa Sandal veröffentlichte Song „Teyze“.

Der in Istanbul geborene Künstler scheint sich dabei in einem in Gedanken geführten Gespräch mit seinen väterlichen Vorfahren zu befinden. Auffällig ist, dass er dennoch viele seiner Fragen an die Teyze richtet – die hier vermutlich nicht seine leibliche Tante sein soll, sondern die von Sandal eher als Verbindung zwischen ihm und der vorherigen Generation angesehen wird. Er nimmt sie als ein wichtiges Puzzleteil wahr, das ihn mit der Vergangenheit verknüpft.

Zudem traut er sich, der Teyze auch solche Fragen zu stellen, die er in derart direkter Form nicht an seine Eltern richten würde. Vor allem in der modernen türkischen Gesellschaft ist das Lied sehr populär.

Auch als Nachname gebräuchlich

Teyze und seine Abwandlung Teyse haben sich in der Türkei längst als Familiennamen etabliert. Sie kommen dort zwar nicht allzu oft vor, sind aber mit positiven Eigenschaften besetzt.

Demnach gilt eine Person mit dem Nachnamen Teyze als treu, respektiert, zuverlässig und hilfsbereit.

Im Ursprung gehen der Name und die Bezeichnung für die Tante somit auf das türkische Adjektiv teyz zurück, das sich gleichlautend übersetzen lässt. Und dadurch gelingt der Brückenschlag ins westliche Europa.

Denn das aus der Türkei stammende Wort wurde im 16. Jahrhundert in den Niederlanden, Frankreich, Luxemburg und Deutschland bekannt – und dort gleichfalls für die Bildung von Nachnahmen wie Teis, Teissen oder Tiessen genutzt. Stets sollte es sich dabei um eine ehrbare und gutherzige Person handeln.

Ein wenig Fingerspitzengefühl wird benötigt

Mit allem zuvor Gesagten stellt sich natürlich die Frage, wann und wie der Begriff Teyze verwendet werden sollte, wenn damit keine biologische Tante gemeint ist.

Zunächst empfiehlt es sich, den Gebrauch eher jungen Menschen zu überlassen. Am besten den Kindern, ebenso aber den Jugendlichen. Bereits bei jungen Erwachsenen kann es dagegen deplatziert, frauenfeindlich oder sogar sexistisch wirken, wenn sie eine deutlich ältere Dame als Teyze anreden.

Zugleich ist darauf zu achten, der Bezeichnung jene liebe- und respektvolle Bedeutung zukommen zu lassen, die sie in der türkischen Kultur seit vielen Jahrhunderten besitzt. Denn ein Kind, das seine Kindergärtnerin oder Lehrerin mit dem Wort Teyze anspricht, tut das mit einer Mischung aus Zuneigung und Vertrauen.