Gossip–wenn belangloser Tratsch auf Shakespeare trifft: Bedeutung, Definition & Herkunft | Jugendsprache
Wohl jeder hat schon einmal über andere Personen geredet. Bevorzugt in deren Abwesenheit und mit spitzer Zunge. Das dabei entstehende Gespräch entspricht zwar nicht der ganz feinen Art des menschlichen Miteinanders.
Und eine niveauvolle Kommunikation wird damit auch nicht verdeutlicht. Das Vorgehen ist seit dem späten Mittelalter unter der Bezeichnung Gossip aber ebenso bekannt wie verbreitet.
Doch welches Verhalten wird damit eigentlich genau beschrieben – und welche Rolle spielte William Shakespeare bei der Entwicklung des Wortes?
Inhalt
Was bedeutet Gossip: Definition und Bedeutung
Wenn heute vom Gossip die Rede ist, kommt dem Ausdruck stets etwas Negatives zu. Denn das Wort, das in dieser Form auf der ganzen Welt verwendet wird, steht für das Verbreiten von zumeist privaten Informationen.
So wird ausgeplaudert, was eigentlich nicht jeder wissen soll – und das nicht selten hinter dem Rücken des Betroffenen. Klatsch und Tratsch müssen darüber hinaus nicht einmal der Wahrheit entsprechen.
Oft scheint es beim Gossip nur darum zu gehen, die soeben gehörte Neuigkeit sogleich jemandem anzuvertrauen. Die Inhalte bleiben daher kaum einmal auf einen kleinen Personenkreis beschränkt. Vielmehr kann sich das Besprochene wie ein Lauffeuer ausbreiten – und wandelt sich nach dem Prinzip der Stillen Post dabei gerne einmal.
Was richtig und was falsch ist, kann bald niemand mehr wissen.
Die Veränderung des Ausdrucks
Dass der Begriff heute einen derart schlechten Ruf hat, verwundert ein wenig. Denn über die gesamte erste Hälfte des 20. Jahrhunderts waren damit zwanglose Gespräche gemeint, denen kein offizieller Charakter zukam.
Häufig fanden derlei Unterhaltungen zwischen den Angestellten einer Firma statt, bei denen – halb im Offenen, halb im Verborgenen – über die eigene Abteilung und deren Arbeit geredet wurde. Der Gossip diente daher dem Informationsaustausch für einen kleinen Kreis an eingeweihten Personen. Immerhin konnten dabei auch Neuigkeiten ans Licht der Welt gelangen, die nicht für jedermann bestimmt waren.
Die Frage, wem man sich anvertraute, durfte somit weder leichtfertig noch willkürlich beantwortet werden. Zumal auf einen solchen Geheimnisverrat arbeitsrechtliche und weitere juristische Schritte folgen konnten.
Alles, was nicht spruchreif ist
Wenn sich zwei Personen heute dem Gossip hingeben, so entsteht eine wilde Mischung aus Gerüchten, halbgaren Unterstellungen und Lästereien. Nicht selten bewegen sich die Gesprächspartner damit im juristischen Bereich der Üblen Nachrede: Es wird über Dinge geredet, die niemand genau weiß – die aber in der Lage sind, den Betroffenen verächtlich zu machen oder ihn sogar in seiner Ehre zu verletzen.
Der Unterhaltungsfaktor ist dabei groß – der Informationsgehalt fällt aber dürftig aus. Und mit der Wahrheit ist es erst recht nicht allzu weit her. Zudem sind es zumeist die Frauen, die im Verdacht stehen, Gossip zu betreiben: Im späten 18. Jahrhundert waren damit die sogenannten Waschweiber gemeint, die beim langen und mühsamen Reinigen der Kleidung am Fluss oder im See die Zeit damit verbrachten, dass sie unter ihresgleichen das ausplauderten, was sich daheim ereignete.
Das Wunder der Geburt spielt eine wichtige Rolle
Literarisch verarbeitet und damit populär wurde der Begriff übrigens durch den englischen Schriftsteller William Shakespeare. Er nutzte den Ausdruck Gossip bei der Beschreibung einer Geburtsszene.
Hier lässt sich an dem zuvor Gesagten anknüpfen: Die Entbindung und die dafür erforderlichen Vorbereitungen zogen sich manchmal über viele Stunden. Die werdende Mutter umgab sich darum gerne mit einem ausgewählten Kreis an Freundinnen und Verwandten – im Raum konnten sich folglich mehrere Frauen aufhalten, die ihre irgendwo zwischen Langeweile und Nervosität angesiedelte Stimmung damit aufhellten, dass sie sich zwanglosen Gesprächen hingaben.
Um den Wahrheitsgehalt ging es dabei nicht. Das Ziel bestand vielmehr darin, der Schwangeren beim Entspannen zu helfen.
Seit mehreren Jahrhunderten bekannt
Es lohnt sich zudem, der Frage nachzugehen, warum Shakespeare für eine Geburt ausgerechnet den Ausdruck Gossip wählte. Und somit ein Wort, das im Mittelalter Englands – zumindest in abweichender Schreibweise – durchaus bekannt war.
Immer wieder lassen sich in der Literatur jener Zeit die Begriffe Gosip, Gossib, Godsyb oder sogar Godsybbe finden. Damit wiederum kann die eigentliche Bedeutung des Begriffs enttarnt werden.
Der Anfang “God” steht hier nicht für den Gott, sondern meint einen Paten. Mit der Endung “sib/sybbe” wird der Verwandte definiert – umgangssprachlich im Deutschen gerne einmal als Sippschaft bezeichnet. Ein Godsib war folglich nichts anderes als ein Patenkind im englischen Mittelalter.
Aus dem Begriff leitete Shakespeare über das Zusammensitzen und Plaudern bei der Geburt den Ausdruck Gossip ab.
Teil der feministischen Bewegung
Beim Blick auf die Historie des Begriffs kann zuweilen der Eindruck entstehen, der Gossip wäre ein wenig frauenfeindlich konnotiert. Immerhin sind es die Damen, denen das nicht immer ganz wahre Gerede unterstellt wird. Diese Sichtweise wäre indes zu einseitig.
Vor allem in den europäischen Ländern waren es bis in das 15. Jahrhundert hinein ausnahmslos die Männer, die das öffentliche Leben sicherstellten. Dass Frauen ab diesem Zeitpunkt bei Geburten anwesend sein oder sogar eine feste Funktion dabei übernehmen durften, ist der im Mittelalter immer stärker werdenden Rolle der Frau zuzuschreiben. Die Damen emanzipierten sich zunehmend von den Herren im Privaten sowie im Beruf.
Dass sie in diesem Rahmen das gemeinsame Beisammensitzen für manch ungezwungenen Tratsch nutzten, unterscheidet sie gewiss nicht wesentlich von den Männern, die unter ihresgleichen auch ein loses Mundwerk haben können.
Der Gossip hat seinen eigenen Style
Heute sind es nicht mehr pauschal alle Frauen, denen der Gossip angedichtet wird. Vielmehr ist der Begriff recht eng mit einem elitären Personenkreis verbunden. In der Regel handelt es sich um Damen, die sich im Alter irgendwo zwischen dem Teenager und der jungen Erwachsenen befinden.
Für dieses sogenannte Gossip Girl ist ein markanter Gossip Style typisch: Getragen werden zumeist hochwertige Kleidungsstücke und Accessoires, die auf Reichtum und einen gewissen Erfolg hindeuten sollen. Das Gossip Girl fühlt sich seinen Mitmenschen gerne einmal überlegen und möchte sich in seinem gesamten Auftreten und Verhalten von ihnen abgrenzen – vielleicht ist das der Grund, warum es hinter deren Rücken schlecht über sie redet.