Feral–Was steckt hinter dem wilden Trend: Bedeutung, Definition & Herkunft | Jugendsprache
Es gibt Begriffe, die bereits seit vielen Jahrhunderten oder sogar Jahrtausenden in unserem Wortschatz verankert sind und die nie so recht aus der Mode zu kommen scheinen – auch wenn sich ihre jeweilige Bedeutung im Laufe der Zeit zumindest ein wenig verändert.
So verhält es sich etwa mit dem Adjektiv feral, dessen Ursprung in der lateinischen Sprache des antiken Roms liegt.
Aber was genau wird damit eigentlich ausgedrückt und warum ist der Ausspruch aufgrund seiner Doppeldeutigkeit so interessant?
Inhalt
Was bedeutet feral: Definition und Bedeutung
Die Interaktion mit anderen Menschen ist nicht immer angenehm. Insbesondere dann nicht, wenn diese sich nicht an bestimmten Verhaltensweisen orientieren möchten, die in der Gesellschaft eben traditionell anerkannt sind. Gerne wird dabei von Personen gesprochen, die eine gute Kinderstube – und somit eine zeitgemäße Erziehung – vermissen lassen. Sie sind vielleicht laut, frech, halten sich nicht an Abmachungen, kommen ihren Verpflichtungen nicht nach oder zeigen ein insgesamt unangepasstes Benehmen.
Bei Tieren würde man von einem ungezügelten Charakter reden. Und genau das macht die Umgangssprache zunehmend auch bei Menschen, indem sie den Slang feral verwendet – der aus der französischen oder englischen Mundart am besten als wild übersetzt werden kann. Er bezieht sich also zunächst auf Personen, denen ein Feinschliff im Betragen sicher nicht schaden würde.
Bedeutet feral Kritik oder Spaß
Feral – englisch ausgesprochen – kann sowohl mündlich als auch schriftlich eingesetzt werden. In der Regel haftet dem Begriff aber ein leicht ironischer Unterton an, der das Verhalten des Betroffenen ein wenig belustigt aufgreift. Dem Angesprochenen wird folglich in gespielt übertriebener Form der Spiegel vorgehalten. Damit wird verdeutlicht, dass sein Benehmen nicht unerkannt blieb.
Demgegenüber wird feral eigentlich nicht als echte Kritik oder sogar als Vorwurf benutzt. Somit fallen die Reaktionen darauf häufig auch amüsiert aus und rufen Heiterkeit hervor. Allerdings sollte darauf verzichtet werden, das Wort gegenüber Außenstehenden zu gebrauchen, die damit nichts anzufangen wissen. Denn eine langwierige Debatte, wie der Begriff gemeint ist und warum er gerade verwendet wurde, will ja auch niemand hören.
Woher kommt der Begriff feral: Ursprung
Die Bezeichnung feral für zumeist wilde Tiere lässt sich sowohl in der englischen als auch in der französischen Sprache bis in das frühe 16. Jahrhundert verfolgen. Abgeleitet wurde das Wort aus dem Lateinischen, wo sich das Adjektiv ferus gleichfalls als wild oder unangepasst deuten lässt. In der antiken Kultur Roms ist somit ein Begriff geprägt worden, den wir leicht verändert auch heute noch nutzen.
Die Verwendung in der aktuell gebräuchlichen Bedeutung geht dagegen auf die 1970er Jahre zurück. Gemeint waren damit Jugendliche in England, die durch laute Musik, kaputte Kleidung oder bunte Haare auffielen – und die natürlich gar nicht erst daran dachten, Anweisungen und Ratschläge der Erwachsenen zu befolgen. Eine Subkultur mit Ähnlichkeiten zum Punk war entstanden.
Was haben streunende Katzen mit menschlichen Gangs zu tun
Parallel dazu erlangte der Begriff in den Vereinigten Staaten von Amerika in den 1980er Jahren einige Bekanntheit. Einerseits, weil er sich – zumeist in verlassenen Gegenden – auf streunende Katzen bezog, die sich fernab von den Menschen alleine um ihr Überleben kümmern mussten, indem sie sich zu Gruppen zusammenschlossen, um bei der Suche nach Nahrung erfolgreich zu sein.
Andererseits wurden menschliche Gangs und Clans als Ferals bezeichnet. Ihre Mitglieder zeichneten sich dadurch aus, dass sie kein geregeltes Leben führten, ihnen meist eine normale Arbeit fehlte und sie ihren Alltag durch Diebstähle, Einbrüche, Raubzüge und ähnliche Delikte bestritten. Bis in die heutige Zeit hinein werden kriminelle Jugendbanden in Amerika gerne als Ferals definiert.
Was passiert, wenn gezähmte Tiere ungezähmt werden
Bei alledem gibt es allerdings eine Besonderheit. Denn feral bezieht sich in der Zoologie nicht auf Tiere, die in der Wildnis leben und die die Obhut des Menschen daher nicht kennen. Eine wilde und seit ihrer Geburt in der Natur lebende Art, die im Wald oder auf der Wiese angetroffen wird, ist somit nicht feral .
Vielmehr sind damit all solche Tiere gemeint, die bereits durch die menschliche Gemeinschaft gehalten und gezüchtet wurden, die dann ausgerissen sind und die sich in der Folge wieder ein ungezähmtes Verhalten angeeignet haben. Wer – ob Mensch oder Tier – als feral bezeichnet wird, dem traut man zu, zu einem besseren Benehmen fähig zu sein. Ein kleiner Hinweis also, das eigene Auftreten doch einmal zu überdenken.
Was bedeutet feral noch – abseits von Tieren
An das eben Gesagte lässt sich auch in anderer Form anknüpfen: Denn feral kann nicht nur ein Adjektiv sein, um das Betragen einer Person zu definieren. In zweiter Definition bezeichnet das Wort eben das zuvor Beschriebene. Gemeint sind Menschen, die sich zunehmend – meist langsam und häufig unbemerkt – aus der Gesellschaft anderer zurückziehen.
Das können etwa Freunde sein, die Einladungen zu Partys nicht mehr wahrnehmen, die telefonisch immer seltener zu erreichen sind, die auch in Chats oder Foren schweigsamer werden – und die damit ihre Verbindung zu den Mitmenschen kappen. Meist gehen sie nicht derart weit, dass sie ein komplett isoliertes Leben führen. Ferals möchten ihre freie Zeit aber lieber alleine verbringen oder nur noch ausgewählte Menschen um sich versammeln.
Vom Menschen zum Tier: Was steckt hinter feral in Songs/h2>
Der Slang feral wurde mittlerweile viele Male künstlerisch verarbeitet und lässt sich auch in zahlreichen Liedern finden. So haben sich Radiohead des Begriffs angenommen und ihm einen Song unter jenem Titel gewidmet. Feral weicht dabei musikalisch von vielen anderen Werken der Band ab, klingt deutlich rauer und wilder – letztlich aber auch bewusst ungezähmter.
Und genau dieses Stilelement setzt sich im Text fort, in dem Frontmann Tom Yorke von einer gescheiterten Liebe spricht. Er beschreibt dabei seinen Wunsch nach Ruhe und Einsamkeit – ein Weg, auf dem er sich immer mehr der Natur zuwendet und die Isolation sucht. In der Folge stellt er bei sich ein verändertes Verhalten fest: Er wird sich und anderen gegenüber unangepasster und härter – der rohe und ungezähmte Kern seines Wesens dominiert ihn wieder.